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Über 1.065.000 deutsche Soldaten hatte Frankreich als Kriegsgefangene. Davon wurden ca. 300.000 Soldaten von der französischen Armee gefangengenommen. 240.000 in Frankreich und Deutschland und ca. 60.000 davon in Nordafrika. Frankreich verlangte jedoch von den Alliierten noch mehr Kriegsgefangene als Arbeitskräfte.
In einer Übereinkunft vom Dezember 1944 wurden Frankreich dann 1.750.000 Kriegsgefangene zugesprochen. Davon hat Großbritannien 25.000 deutsche Soldaten, als Kriegsgefangene, an Frankreich abgetreten. Von den USA hat Frankreich 740.000 deutsche gefangene Soldaten übernommen. Die USA hatten am Kriegsende große Probleme mit der Versorgung und Unterbringung ihrer Kriegsgefangenen und waren froh, diese los zu werden. Da aber Frankreich nicht in der Lage war, ihre Kriegsgefangenen zu versorgen, stoppte die US-Arme im Herbst 1945 die Überführung weiterer Kriegsgefangener an Frankreich.
In den Jahren 1945 und 1946 gab es wegen der sehr schlechten Versorgungslage in den französischen Kriegsgefangenenlagern, eine besonders hohe Rate an Kranken, Arbeitsunfähigen und Todesfällen unter den Kriegsgefangenen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es in diesen Jahren in Frankreich an allem möglichen fehlte, und die Franzosen selbst in einer miserablen Versorgungslage waren, ist es unangemessen zu behaupten, die schlechte Versorgung der Kriegsgefangenen sei alleine auf Rache und Hass an den Deutschen zurückzuführen.
An dieser Stelle möchte ich jedoch bemerken, dass zumindest kurz nach Kriegsende eine gewisse Berechnung, zumindest in dem Lager, in dem ich untergebracht war, eine Rolle spielte. Unsere Versorgungslage war in dieser Zeit besonders schlecht. Alle litten wir an Mangelernährung. Bei fast allen Kriegsgefangenen waren die körpereigenen Reserven aufgebraucht. Wir waren total abgemagert! Unsere Gedanken bewegten sich nur noch um Essen. Dann, nach Wochen, waren wir reif. Jetzt kam die Fremdenlegion. Französische Offiziere und ehemalige deutsche Soldaten, jetzt in der Legion, warben für die Fremdenlegion. Eine gewisse Zeit lang kamen sie täglich in unser Kriegsgefangenenlager und machten uns weich. Diese Legionäre, in ihrer Ausgangsuniform, sahen flott aus. Sie sprachen von einer langen Kriegsgefangenschaft, die wir durchzustehen hätten. Sie erzählten uns von Freiheit, guter Verpflegung, Frauen usw. Die Versuchung war groß, man wollte dem Hunger entgehen! Unter uns Kriegsgefangenen entstanden heftige Diskussionen über das Für und Wider der Legion. Täglich meldeten sich mehr zur Legion. Auf Angehörige der Waffen-SS waren sie besonders scharf. Wir, in unserer Gemeinschaft, hatten beschlossen, auf jeden Fall durchzuhalten und uns nicht zu melden. Nach dieser Werbeaktion hatte sich unser Lager um gut ein Drittel gelichtet. Als diese Aktion abgeschlossen war, wurde die Verpflegung etwas besser und wir kamen auf Arbeitskommandos. In meinem Buch, „Einer von denen war ich“, das Sie weiter unten, auf dieser Seite bestellen können, berichte ich ausführlich über diese Zeit.
Zu allen möglichen Arbeiten wurden wir jetzt eingeteilt. Es gab Einzelkommandos bei Handwerksbetrieben und Bauern. Denen ging es dann zumeist gut. Sie waren ziemlich frei. Der weitaus größte Teil wurde zum Minensuchen, bei Präfekturen, in Fabriken oder Militärkommandos, usw. eingesetzt. Sehr viele wurden in den französischen Bergwerken zur Arbeit gezwungen. Vielen machte 1945 und 1946 die Unterernährung noch zu schaffen. Auch unsere Bekleidungslage war schlecht, es fehlte an allem. Wir trugen die ersten zwei Jahre immer die gleichen alten Uniformteile, die von uns immer wieder notdürftig zusammengeflickt wurden. Die Unterwäsche war verschlissen, das Schuhwerk war verbraucht. Oft wurde es notdürftig mit Draht zusammengehalten. Gab es Ersatz, waren das zumeist dünne Segeltuchschuhe mit einer geflochtenen Strohsohle, manche hatten auch Holzschuhe. Auf der Oberbekleidung und dem Hemd, war ein großes, weißes “PG” (Prisonnier de Guerre) aufgemalt, das uns als Kriegsgefangene zu erkennen gab. Mitte 1945 durfte jeder Kriegsgefangene eine vorgedruckte Karte an seine Angehörigen senden. Pakete aus Deutschland waren ab Ende 1945 erlaubt. - Aber, in Deutschland hatten die meisten selbst mit sich zu kämpfen. Erst 1947 wurde die Versorgungslage für uns Kriegsgefangene in Frankreich besser.
Die Unterbringung in der französischen Kriegsgefangenschaft war unterschiedlich. Anfangs lagen wir im Freien auf Wiesen. Mein erstes Lager befand sich in Lindau am Bodensee auf der Insel, auf dem Gelände vom Bootshaus. Tausende Landser lagen hier Mann an Mann. Es gab nur eine Wasserstelle. Stundenlang stand man hier in einer langen Schlange, um eine handvoll Wasser zu erhaschen. Zu Essen gab es hier nichts. Viele haben Gras, Wurzeln und Baumrinde zu sich genommen.
In Frankreich wurden wir Kriegsgefangene in alten Festungen, in Kasernen, in Hallen, in Kasematten, Zelten, in Holz- oder Wellblechbaracken untergebracht. Die medizinische Versorgung war schlecht, Verbandsmaterial war knapp. Medikamente gab es 1945 in meinem Kriegsgefangenenlager in Paris nicht. Vereinzelt kam es auch zu Misshandlungen.
Eine gesundheitliche Betreuung oder Freizeitgestaltungen, wie in den USA oder bei den Briten, war bei uns sehr selten. Besonders 1945 waren in Frankreich viele Kriegsgefangene erkrankt. Die häufigsten Erkrankungen waren hier Unterernährung, Durchfallerkrankungen, Kräfteverfall, Lungenentzündungen, Ekzeme und Furunkel. Ich selbst war 1945 an Typhus erkrankt, und einige Tage ohne Bewusstsein. in meinem Buch, “Einer von denen war ich”, berichte ich ausführlich darüber.
In Frankreich war die Zahl der Fluchtversuche sehr hoch. Über 171.000 Kriegsgefangene versuchten in Frankreich zu fliehen. Weit über 89.000 wurden auf der Flucht wieder eingefangen oder auch von anderen Mächten, wie der Schweiz und Belgien, an Frankreich zurückgegeben. Wurden Kriegsgefangene auf der Flucht in Deutschland in der französischen Zone ergriffen, kamen sie zurück nach Frankreich. Nur von Spanien wurden geflüchtete Kriegsgefangene zurück nach Deutschland gebracht.
Fluchtversuche von Kriegsgefangenen wurden in Frankreich mit 30 Tagen Arrest bestraft und man bekam die Haare geschoren. Machte ein Kriegsgefangener einen zweiten oder gar dritten Fluchtversuch, wurde er zu einer Dunkelhaftstrafe von bis zu 30 Tagen verurteilt. Hatte der Gefangene zur Vorbereitung oder auf der Flucht einen Diebstahl begangen, der aufgedeckt wurde, brachte es dem Gefangenen eine zusätzliche Bestrafung ein. Einige, mit schweren Vergehen, wurden auch aus der Rückführungsliste gestrichen.
Das Schicksal der Bestrafung hat mich einige mal ereilt. Nach meinem zweiten Fluchtversuch war ich allein, ohne Licht, ohne Verurteilung, für acht Tage in einer großen, dunklen Kasematte, in einer Festung in Paris eingesperrt. Danach wurde ich zu 30 Tagen Arrest verurteilt und meine Haare wurden zu einer Glatze geschoren. Nach dem letzten Fluchtversuch wurde ich zu einer Dunkelhaftstrafe von zwei Wochen, ohne Licht, in einem nachtschwarzen Raum eingesperrt. Zusätzlich bekam ich wieder eine Glatze geschoren. Das war zur damaligen Zeit eine echte Strafe. - (Auch Französinnen, die ein Verhältnisse zu deutschen Soldaten hatten, wurde diese Strafe zuteil. In Paris, habe ich als Kriegsgefangener erlebt, wie sie auf offener Straße, umringt von einer großen Menschenmenge, von diesen verhöhnt und beschimpft, ihre Kopfhaare zu einer Glatze geschoren. bekamen.)
Bereits 1945 wurde in Frankreich mit der Rückführung begonnen. Über 25.000 Jugendliche, alte Männer, Wehrmachtshelferinnen und Zivilpersonen, die in Kriegsgefangenschaft geraten waren, wurden 1945 zurückgeführt. Auch ich, wurde als Jugendlicher, (ich hatte mich um ein Jahr jünger gemacht) am 17. Dezember 1945 zur Entlassung ins Depot zurück gebracht. Durch eine unbedachte Äußerung von mir, wurde ich jedoch wieder von der Entlassungsliste gestrichen. Ich kam dann erst am 31. Oktober 1948 in die Heimat zurück. 1946 erfolgte die Entlassung von knapp 150.000 Kriegsgefangenen, 1947 waren es über 199.000 Heimkehrer. Der größte Teil der Kriegsgefangenen wurden erst 1948 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Außer bestimmten Soldaten der Waffen-SS und Personen, die als Kriegsverbrecher erklärt wurden, waren bis zum 15. Dezember 1948 alle deutschen Soldaten entlassen.
Die Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen in die Heimat richtete sich nach verschiedenen Kriterien. Soldaten der Wehrmacht und anderen Organisationen waren in Frankreich in 16 verschiedene Kategorien eingeteilt, die nach dem Alter und der Nützlichkeit der Kriegsgefangenen als Arbeitskräfte aufgeteilt waren. Junge Soldaten der Jahrgänge 1925, 1926 und 1927 bildeten die letzte Kategorie. Die Rückführungstransporte waren in die verschiedenen Besatzungszonen aufgeteilt. Sie erfolgten über das Lager in Tuttlingen für die südliche französische und amerikanische Besatzungszone. Über das Lager in Bretzenheim erfolgte die Entlassung in die englische und nördliche französische Zone. Die Entlassung der Kriegsgefangenen in die russische Zone wurde über das Lager Bebra-Gerstungen abgewickelt.
Meine Entlassung, aus der französischen Kriegsgefangenschaft, erfolgte im Entlassungslager Malmsheim, ein Nebenlager des Kriegsgefangenenlagers Tuttlingen. Hier wurden wir am Morgen des 31. Oktober 1948 aus der Gefangenschaft entlassen. Das ging ziemlich schnell. Hierzu noch ein kurzen Auszug aus meinem Buch „Einer von denen war ich“
...Zuerst werden wir einem Arzt vorgestellt. Der schaut mir kurz in meinen Rachen und stellt bei mir Struma fest. Wir durchlaufen noch einige Stellen, unterschreiben eine Erklärung und erhalten vierzig DM, eine Starthilfe, die nach der Währungsreform in Westdeutschland jeder erhalten hat. Zum Schluss erhalten wir unseren Entlassungsschein. Nun sind wir frei !!! Ja, als freier Mann verlasse ich jetzt das Lager...
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